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Erbfolge nach EU Recht
Letztens durfte die Kanzlei einen Fall behandeln, in dem es um eine grenzüberschreitende Erbsache ging.
Eine Griechin verstarb in Deutschland wo sie ihren gewöhnlichen
Aufenthaltsort mit ihrem deutschen Ehemann hatte. Zu ihrem Erbvermögen
gehörte unter anderem ein in Griechenland gelegenes Grundstück das sie
von ihrem vor 20 Jahren verstorbenen Vater geerbt hatte.
Nun galt bis 2015 für ihre Erbfolge das griechische Erbrecht , da die
Verstorbene griechische Staatsbürgerin war. Nach gr. Recht bekommt der
verbleibende Ehegatte 1/4 von der Erbmasse wenn Kinder vorhanden sind.
Der Ehemann bekäme somit das Eigentum am Haus in Griechenland zu 1/4.
Ab August 2015 gilt jedoch die VO 650/2012, wonach das anzuwendende
Recht nach dem letzen Wohnort des verstorbenen bestimmt wird,
vorbehaltlich einer testamentarischen Regelung, also im vorliegenden
Fall ist das dt. Erbrecht anwendbar. Nach diesem bekommt der
hinterbliebene Ehegatte ebenfalls 1/4 von der Erbmasse - falls Kinder
vorhanden -. Eine Unterschiedliche Quotierung kann aber unter anderen
Verwandtenverhältnissen folgen.
EU-Erbrechts-Verordnung (EU) Nr. 650/2012 (Erbrechtsverordnung, EuErbVO, EU-ErbVO) ab dem 17.08.2015 anwendbar!
Zum 17.08.2015 ist die neue EU-Erbrechts-Verordnung anwendbar und wird
bedeutsame Änderungen für das Internationale Erbrecht in der EU
einführen. Die Verordnung, die für die gesetzliche und gewillkürte
Erbfolge gilt, wird in allen EU-Mitgliedstaaten anzuwenden sein, mit
Ausnahme von Dänemark, Großbritannien und Irland.
Die wichtigsten Neuerungen, die Ihre bestehende oder beabsichtigte
Erbfolgeplanung automatisch zum 17.08.2015 erheblich beeinflussen
können, auf einen Blick:
1. Anwendbares Erbrecht
Aktuell ist bei grenzüberschreitenden Erbfällen in Deutschland gem. Art
25 EGBGB das Erbrecht des Staates anwendbar, dem der Erblasser zum
Zeitpunkt des Todes angehörte (Staatsangehörigkeitsprinzip). Nach Art.
21 der neuen EU-ErbVO wird nun bei Erbfällen in EU-Mitgliedstaaten
grundsätzlich an das Recht des Staates des gewöhnlichen Aufenthalts des
Erblassers angeknüpft. Ausnahmsweise gilt das Recht des Staates, zu
welchem der Erblasser nach Abwägung aller Umstände eine "offensichtlich
engere Verbindung" hatte.
Die Anknüpfung an des Recht des gewöhnlichen Aufenthaltes betrifft
insbesondere EU-Ausländer, die in Deutschland ihren gewöhnlichen
Aufenthalt begründet haben, aber genauso Deutsche, die ihren
Lebensmittelpunkt (gewöhnlichen Aufenthalt) aus beruflichen, familiären
oder sonstigen Gründen (wie häufig z.B. mit Eintritt ins Rentenalter)
ins Ausland verlegt haben. Für die betroffenen Personen ist ab dem
17.08.2015 zu beachten, dass ihre Erbfolge sich womöglich nicht mehr
nach den bisher bekannten Gesetzen richtet, sondern dem Recht des
Aufenthaltsstaates unterstellt wird. Ob diese neu geltende Erbfolge mit
der gewünschten Erbfolge noch übereinstimmt, sollte daher rechtzeitig
überprüft werden.
2. Rechtswahl: Erbrecht
Die neue EU-ErbVO eröffnet in Art. 22 die Möglichkeit, eine Rechtswahl
zum anzuwendenden Erbrecht zu treffen. Danach kann für die
Rechtsnachfolge von Todes wegen dasjenige Recht gewählt werden, dem der
Erblasser im Zeitpunkt der Rechtswahl oder im Todeszeitpunkt angehörte.
Über die Rechtswahl können die zuvor genannten Personen die altbekannte
Rechtslage zur Erbfolge nach dem Staatsangehörigkeitsprinzip
"wiederherstellen". Wichtig ist nur, dass die Rechtswahl zur Vermeidung
von Auslegungsproblemen ausdrücklich in der letztwilligen Verfügung
erfolgt.
3. Gerichtliche Zuständigkeiten, Anerkennung und Vollstreckung
Um bei den EU-grenzüberschreitenden Erbfällen und
Nachlassangelegenheiten eine einheitliche Zuständigkeit der Gerichte
(gilt auch für Notare und Registerbehörden, die in einigen Ländern
teilweise gerichtliche Funktionen ausüben) herbeizuführen, wird nach
Art. 4 eine allgemeine Zuständigkeit am gewöhnlichen Aufenthalt des
Erblassers angeknüpft. Damit soll in erster Linie ein für die Praxis
vorteilhafter Gleichlauf zwischen Gerichtszuständigkeit und
anzuwendendem Erbrecht herbeigeführt werden.
Nach Art. 5 ist es den "betroffenen Parteien" (idR den Erben)
gestattet, eine abweichende Gerichtsstandvereinbarung zu treffen, dass
das Gericht zuständig sein soll, dessen Recht der Erblasser in seiner
letztwilligen Verfügung gewählt hat. Hierdurch kann ein Gleichlauf
zwischen Zuständigkeit und nationalem Erbrecht herbeigeführt werden.
Subsidiär gilt, sofern der Erblasser keinen gewöhnlichen Aufenthalt in
einem EU-Mitgliedstaat hatte, dass die Gerichte an jenem Ort zuständig
sind, an welchem der Erblasser Vermögen hinterlassen hat.
Die VO regelt zudem, dass die in einem anderen Mitgliedstaat
ergangenen Entscheidungen in den anderen Mitgliedstaaten in der Regel
anerkannt werden, ohne dass hierfür ein besonderes Anerkennungsverfahren
durchgeführt werden muss (Ausnahme "ordre public"). Auch das Verfahren,
um eine Vollstreckbarkeit der Entscheidungen in anderen
Mitgliedsstaaten zu erreichen, ist vereinfacht worden.
4. Europäisches Nachlasszeugnis
Im Anwendungsbereich der EU-ErbVO können die Erben, Vermächtnisnehmer,
Testamentsvollstrecker und Nachlassverwalter nun ein sog. Europäisches
Nachlasszeugnis beantragen. Das Zeugnis verkörpert die Vermutung, dass
dessen Inhalt richtig festgestellt wurde und entfaltet bei Vorlage einer
gültigen beglaubigten Abschrift einen Gutglaubensschutz. Das Zeugnis
ist allerdings nur für 6 Monate gültig und kann jeweils verlängert
werden. Die Zuständigkeit des Gerichts, bei welchem das Zeugnis
beantragt werden kann, richtet sich dem Grunde nach dem zuvor
dargestellten.